09.05.2021 15:00

„Imperator“ von Kay Meyer, Lisanne Surborg

Das ist schon eine tolle Mischung, an der man mal wieder erkennen kann, wie blöd eigentlich die Schubladen, genannt „Genre“ sind, die Buchhändler und andere meinen unbedingt zu brauchen. Im Falle von „Imperator“ würde ich jedem Buchhändler empfehlen, so in etwa die vier- bis fünffache Anzahl an Büchern zu ordern, damit in jeder der entsprechenden Regalecken auch ein Exemplar vorhanden ist, z. B. bei Krimi, bei Fantasy, bei Gothic, bei Politthriller, historisches Sittengemälde der 60er Jahre und so weiter.

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Das etwas zu martialische Cover!
Aber warum nicht, warum sollte man nicht gegen diese sogenannte eherne Regel „Achte auf das Genre!“ verstoßen, zumal wenn man wie Kay Meyer schon einen Namen hat.
Ich habe das Buch sehr gerne gelesen, weil es gut unterhält, sympathische Sympathieträger und fiese Böse hat. Ganz nebenbei kommt man vom Swinging London der Beatles und Stones ins rauschende Rom zwischen 1960 und 70 mit der dortigen pulsierenden Filmindustrie und großen italienischen beziehungsweise abgehalfterten amerikanischen Stars.
Noch heute ärgere ich mich, nicht schon damals nach Rom gefahren zu sein, aber dann in den Achtzigern war ich zum ersten Mal dort und mein Hotel war nahe der Via Veneto und das Flair hing noch in der Luft. Es geht ganz schnell beim Lesen und man meint Anita Eiberg in der Fontana di Trevi planschen zu sehen, die Loren oder die Lollobrigida im Alfa-Giulietta-Cabrio mit Chiffontuch über dem Haar und um den schlanken Hals geschwungen so langsam an den Cafés entlang fahren zu sehen, dass sie nicht zu übersehen sind und man glaubt hinter dem Exemplar von „La Stampa“ müsste sich eigentlich Marcello Mastroianni verbergen, der ab und zu ein Glas Campari zum Munde führt. Schon allein dieses Gefühl reicht zur berechtigten Anschaffung des Buches aus.
Dann gibt es da noch einen geheimen Bund, der alle sexuellen Orientierungen seiner Mitglieder anspricht und sich aus Menschen der besten römischen Gesellschaft zusammensetzt (erinnert an „Die Traumnovelle“ von Arthur Schnitzler, „Nur ein Traum im Traum?“ von Marco Toccato und „Eyes Wide Shut“ von Stanley Kubrick). Man hat die ganze Zeit Angst, eine sehr schöne junge Frau (die Blonde), deren Figur leider ein wenig zu früh aus dem Buch herausdiffundiert, wird von denen geopfert. Was wird aus Halinka, Frau Surborg, Herr Meyer?
Aber eine andere sehr schöne, junge Frau trägt mit ihrer Suche nach dem Mörder ihrer Mutter den roten Faden bestens durch das gesamte Buch. Ja und wenn ich nochmal das Genre bemühen darf, gibt es auch noch das „Kriegen sie sich?“-Genre. Anna, eine hippe, kleine Italienerin, die in London aufgewachsen ist und Stefano, genannt „Spartaco“, ein adelverachtenderrömischer Adeliger und beide Paparazzi besonderer Qualität.
Es ist ein Buch, das sich zu lesen lohnt. Eine Raffung aus einer sehr umfangreichen Hörspielproduktion, soll es sein, denn das Hörspiel/-buch gab es vor dem Buch. Ich kann mir nicht vorstellen, was in der Audioproduktion noch alles drin sein könnte, was Mehrwert ergibt. Denn die Zusammenfassung im eBook/Printbuch ist opulent genug und stimmig.